WHO-Studie findet Krebsrisiko bei Tieren, die Mobilfunk-Strahlung ausgesetzt sind

diagnose:funk – 28apr2025.

Das Ergebnis steht im Widerspruch zur ICNIRP und den meisten Gesundheitsbehörden.

MicrowaveNews brachte am 27. April 2025 die Meldung über eine brisante Studie für die WHO. Die Studie von Mevissen et al. (2025) bestätigt, dass Mobilfunkstrahlung Krebs auslösen kann. Die Studie wurde für die WHO verfasst, von ihr mitfinanziert und wird in eine Neubewertung der Einstufung des Krebsrisikos, die bis 2029 erfolgen soll, einfließen. Die Mobilfunklobby hatte bereits ebenfalls eine Studie eingereicht (Karipidis et al. 2024), die das Krebsrisiko herunterspielt (s.u).

Louis Slesin / MicroWaveNews, 27.04.2025: „Eine umfassende Auswertung von Tierversuchen hat zuverlässige Beweise dafür gefunden, dass RF-Strahlung das Krebsrisiko erhöht.

Die neue systematische Studie wurde vom EMF-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf im Rahmen seiner laufenden Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen von RF-Strahlung in Auftrag gegeben (mehr hier).

  • Sie kommt zu dem Schluss: „Es gibt Hinweise darauf, dass die Exposition gegenüber HF-EMF die Krebsinzidenz bei Versuchstieren erhöht, wobei die [Beweiskraft] für maligne Herzschwannome und Gliome am stärksten ist“ (Hirntumore).

Diese Erkenntnis steht im Widerspruch zu den erklärten Ansichten der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) und der WHO selbst sowie denen der meisten nationalen Gesundheitsbehörden.

Der frei zugängliche Artikel, der mehr als 75 Manuskriptseiten in der Fachzeitschrift „Environment International“ umfasst, wurde am 25. April veröffentlicht.

Die neue Studie wird höchstwahrscheinlich die jahrzehntelange Kontroverse über das Krebsrisiko durch Mobiltelefone und andere HF- und Mikrowellengeräte wieder aufflammen lassen, die viele bereits für abgeschlossen hielten.

Das Überprüfungsteam wurde von Meike Mevissen von der Universität Bern und Kurt Straif, dem ehemaligen Leiter der IARC-Monographienabteilung in Lyon, der jetzt am Boston College und am ISGlobal in Barcelona tätig ist, geleitet. Weitere Mitglieder sind James McNamee von Health Canada in Toronto und Andrew Wood von der Swinburne University of Technology in Australien. Der Peer-Review-Prozess für die systematische Überprüfung dauerte insgesamt 14 Monate. Das Protokoll für die Analyse wurde 2022 veröffentlicht.“

Freier Download der Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0160412025002338

Mevissen M, Ward JM, Kopp-Schneider A, McNamee JP, Wood AW, Rivero TM, Thayer K, Straif K (2025): Effects of radiofrequency electromagnetic fields (RF EMF) on cancer in laboratory animal studies. [Wirkungen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) auf Krebs in Labortier-Studien] Environ Int 2022; 161: 107106; https://www.emf-portal.org/de/article/46786

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Erstbewertung der Studie durch diagnose:funk

Dieser Studienüberblick (Review), von anerkannten Experten verfasst, wird wie eine Bombe einschlagen. Die Finanzierung erfolgte teilweise durch die WHO. Wir werden die ElektrosmogReport-Redaktion bitten, eine detaillierte Auswertung zu verfassen. Unsere Ersteinschätzung:

Das Ziel der Studie „Effects of radiofrequency electromagnetic field exposure on cancer in laboratory animal studies, a systematic review“ von Mevissen et al. (2025) war die systematische Bewertung, ob hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) Krebs bei Labortieren verursachen können. Dabei fand sie Nachweise auf erhöhtes Krebsrisiko für

  • Hirntumore (insbesondere Gliome): hohe Evidenz für ein erhöhtes Risiko bei männlichen Ratten.
  • Herzschwannome (bösartige Tumore der Nervenhüllen im Herzen): hohe Evidenz für einen Anstieg bei männlichen Ratten.
  • Lymphome: moderate Evidenz für einen möglichen Zusammenhang.
  • Nebennieren-Tumore (Phäochromozytome) und Lebertumore (Hepatoblastome): moderate Evidenz.
  • Lungentumore: moderate Evidenz bei einigen Studien.

Die Autoren stützen ihre Einschätzungen vor allem auf zwei zentrale Studien, die besonders hervorgehoben werden:

National Toxicology Program (NTP)-Studie, 2018

  • Eine großangelegte Tierstudie mit Ratten und Mäusen.
  • Befunde: Erhöhte Raten von Gliomen (bösartige Hirntumoren) und Herzschwannomen bei männlichen Ratten.
  • Sehr sorgfältiges Studiendesign, niedriges Risiko für Bias. Besonders wichtig für die Einstufung von hoher Evidenz.

Falcioni et al., 2018 (Ramazzini-Institut)

  • Exposition bei deutlich niedrigeren SAR-Werten, die näher an realen Umweltexpositionen liegen.
  • Befunde: Ebenfalls erhöhte Häufigkeit von Herzschwannomen und Gliomen bei männlichen Ratten.
  • Trotz methodischer Unterschiede zur NTP-Studie ähnliche Tumortypen betroffen, was die Konsistenz stärkt. (Originaltextstellen siehe Fußnote) [1]
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Substanzen, die bei Tieren krebserregend sind, haben sich auch bei Menschen als karzinogen erwiesen.

Zur Übertragbarkeit auf den Menschen drückt sich die Studie vorsichtig aus, insbesondere weil nach ihrer Ansicht der Wirkmechanismus noch nicht endgültig geklärt sei (siehe Zitate Fußnote 1). Als möglicher Wirkmechanismus wird oxidativer Zellstress genannt. Die Autorin Mevissen hat 2021 die bisher größte Überblicksstudie zu oxidativem Zellstress publiziert (Schürmann / Mevissen 2021). Zur Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen schreiben die Autoren:

  • „Die Ergebnisse dieser systematischen Überprüfung deuten darauf hin, dass es Belege dafür gibt, dass HF-EMF-Exposition das Auftreten von Krebs bei Versuchstieren erhöht, wobei der Zusammenhang am stärksten für bösartige Herzschwannome und Gliome ist.”
  • „Trotz des hohen Maßes an Gewissheit, dass der Nachweis der Karzinogenität bei Versuchstieren eine karzinogene Gefahr für den Menschen vorhersagen kann, ist die Extrapolation des Risikos aus Krebs-Bioassays auf den Menschen bei HF-EMF besonders komplex. Ohne ein Verständnis des Mechanismus der Karzinogenität von HF-EMF kann die Wahl der Expositionsmetrik für die Risikoextrapolation (Ganzkörper oder lokal), die Intensität oder kumulative Exposition, ob eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung für karzinogene Wirkungen gilt oder nicht, und ob die SAR die geeignete Dosismessung für schädliche Wirkungen durch HF-EMF ist, entscheidend sein.“ (S. 42)

Zur Übertragbarkeit von Tierstudien erklärte Fiora Belpoggi, die Leiterin der Ramazzini- und der STOA-Studie, die beide das Krebsrisiko bestätigten:

  • „1) Alle Substanzen, die sich in epidemiologischen Studien als karzinogen für den Menschen erwiesen haben, zeigten sich auch im Tierversuch karzinogen. Bei einem Drittel der Substanzen, die von der Internationalen Krebsforschungsagentur IARC als krebserregend eingestuft werden, wurde die Karzinogenität zuerst in Nagetierstudien und erst danach in Studien mit Menschen nachgewiesen.
  • 2) Keine Substanz, die sich bei Tieren als krebserregend erwies, hat sich bei Menschen im Rahmen von adäquaten epidemiologischen Studien als nicht karzinogen erwiesen.
  • 3) Die Beziehung zwischen der Exposition gegenüber einer karzinogenen Substanz und der neoplastischen Reaktion sowie dem Prozess der Krebsentwicklung ist bei Menschen und Tieren vergleichbar.“ (Schweizer Ärztezeitschrift Oekoskop 2020)
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WHO-Review bestätigt den Haupttrend der Erkenntnisse der STOA-Studie, des TAB-Berichts des Bundestages, der Schweizer Expertengruppe BERENIS: Evidenz für Krebs

Der Review von Mevissen et al. (2025) steht in einer Reihe mit einer wachsenden Zahl an Studien, die ein Krebsrisiko nachweisen. Zu derselben Einschätzung, dass ein hohes Krebsrisiko besteht und deshalb eine Vorsorgepolitik und Aufklärung der Bevölkerung notwendig sein, kamen bereits 2018 die Beratergruppe der Schweizer Regierung BERENIS und 2023 die STOA-Studie des Technikfolgenausschusses des EU-Parlaments. Im TAB-Bericht Mobilfunk 2023 des Deutschen Bundestag wird auf die hohe Qualität der NTP- und Ramazzini-Studien hingewiesen. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) versuchte mit Gegenstudien, zuletzt mit der von ihm mitverfassten Studie von Karipidis et al. (2024), die allerdings nur epidemiologische Studien auswertet, das Risiko zu entsorgen. Gegen diese Verharmlosungstaktik protestierten namhafte Wissenschaftler, dies haben wir >>> dokumentiert. Zu den Versuchen des BfS, Verwirrung über die Studienlage zu stiften, publizierten wir einen Brennpunkt, der kostenlos zum Download verfügbar ist. Den Stand der Forschung zur Krebsgefahr dokumentiert ein ÜBERBLICK für den Durchblick (s.u.).

Acht neue Reviews bestätigen jetzt das Krebspotential – wann wird das von der Politik endlich wahrgenommen?

Zur Studienlage Mobilfunkstrahlung und Krebs schrieben wir im Dezember 2024 anlässlich des Erscheinens des Reviews von Moon et al. (2024) in einer Pressemitteilung:

Mit der Veröffentlichung der neuen peer-reviewten systematischen Übersichtsarbeit (Review und Meta-Analyse) von Moon et al. zu Mobilfunk und Krebs beim Menschen gibt es nun 7 international anerkannte Studien, die das Krebsrisiko als statistisch nachgewiesen aufzeigen (dazu kommt jetzt als 8. Studie der WHO Review von Mevissen et al.). Die neue Studie der koreanischen Forschergruppe Moon et al. wurde an der Seoul National University und am Inha University Hospital erstellt. Sie fand heraus, dass die Kopfseite, an die das Mobiltelefon gehalten wird, statistisch signifikant mit der Kopfseite übereinstimmt, auf der Hirntumore entstehen (40 %ige Erhöhung des allgemeinen Hirntumorrisikos). Langzeitnutzung von Mobilfunk von mehr als 10 Jahren führt laut der Studie zu einer statistisch signifikanten Risikosteigerung für Hirntumore von 27 %. Diese Ergebnisse beruhen auf der Auswertung epidemiologischer Studien.

Studie im Original: doi.org/10.1186/s12940-024-01117-8
Besprechung der Studie: emfdata.org/de/studien/detail&id=866

Die weiteren 6 Überblicksstudien (seit 2016), die zu ähnlichen – bedenklichen – Ergebnissen kommen:

  1. Wang & Guo (2016). Meta-analysis of association between mobile phone use and glioma risk. J Cancer Research Therapy
  2. Bortkiewicz et al. (2017). Mobile phone use and risk of intracranial tumors and salivary gland tumors – A meta-analysis. Int J Occ Med Envir Health. Besprechung: emfdata.org/de/studien/detail?id=503
  3. Carlberg & Hardell (2017). Evaluation of mobile phone and cordless phone use and glioma risk using the Bradford Hill viewpoints from 1965 on association or causation. Biomed Res Int. Besprechung: emfdata.org/de/studien/detail?id=584
  4. Prasad et al. (2017). Mobile phone use and risk of brain tumours: a systematic review of association between study quality, source of funding, and research outcomes. Neurol Sci.
  5. Yang et al. (2017). Mobile phone use and glioma risk: A systematic review and meta-analysis. PLOS One.
  6. Choi et al. (2020). Cellular phone use and risk of tumors: Systematic review and meta-analysis. Int J Envir Res Public Health.

Dieser Phalanx von sieben peer-reviewten und damit wissenschaftlich anerkannten systematischen Übersichtsstudien steht nur die Studie von Karipidis et al. (2024) gegenüber, die im September 2024 weltweit fälschlicherweise als Entwarnungsstudie der WHO gepriesen wurde. Die Karipidis-Studie gilt in Fachkreisen als tendenziös und einseitig: Mehrere Autoren gehören dem industrienahen Verein ICNIRP e.V. an. Die Studie weist zahlreiche methodische Mängel auf und bezweifelt bereits in der Einleitung den Zusammenhang zwischen Mobilfunkstrahlung und Krebs: „There is currently no established mechanism underpinning the potential carcinogenicity of RF-EMF at exposure levels below international standards“. Diese Studie beruht z.T. auf wissenschaftlich schlecht gemachten und kritisierten Studien (Interphone, UK Million Women, MOBI Kids). Außerdem wurde die Karipidis-Studie von den ICNIRP-Autoren in Pressestatements falsch wiedergegeben.

  • „Wenn es 7:1 steht, ist der Ausgang des Spiels klar: Das Krebsrisiko gewinnt und die Verbraucherinnen und Verbraucher verlieren“, warnt Jörn Gutbier, Vorsitzender von diagnose:funk. „Intensive Langzeitnutzer von Mobilfunktelefonen haben laut epidemiologischer Studien ein höheres Risiko für Krebs im Kopfbereich – sei es am Hörnerv, an der Speicheldrüse oder im Hirn. Das zeigt auch die neueste Studie aus Südkorea. Hinzu kommen hunderte medizinische in-vitro-Studien an Zellen und in-vivo-Studien an Versuchstieren, die ebenfalls das Krebspotenzial von Mobilfunkstrahlung eindrücklich aufzeigen. Das muss Konsequenzen haben: Nach der Neuwahl des Bundestags müssen sich die entsprechenden Ausschüsse und die neue Bundesregierung des Themas schnell annehmen und z.B. eine Aufklärungskampagne für Verbraucherinnen und Verbraucher initiieren, mit klaren Aussagen zu den Gefahren und zur Vermeidung im Alltag.“

Quellen

[1] Zitate aus dem Review von Mevissen et al. (Übersetzung diagnose:funk):

„Die Bewertung von neoplastischen Tumoren im Gehirn wurde für eine erhöhte Inzidenz von aus Gliazellen abgeleiteten Tumoren bei einer durchschnittlichen Ganzkörper-SAR von 6 W/kg über 106 Wochen als mäßig bis hoch eingestuft, hauptsächlich basierend auf der NTP-Studie (National Toxicology Program 2018b). In der Studie von Anderson et al. (2004) wurde in einer Analyse nach der Veröffentlichung eine Zunahme von Oligodendrogliomen mit einem statistisch signifikanten Trend über den Dosisbereich von 0,16 W/kg bis 1,6 W/kg (Ganzkörper-DurchschnittsSAR) bei Verabreichung von 2 Stunden/Tag über 5 Tage/Woche über 100 Wochen im Vergleich zu historischen Kontrollen beobachtet (Anderson et al. 2004). Darüber hinaus stützen die von Falcioni (Falcioni et al. 2018) berichteten Ergebnisse bei einem anderen Rattenstamm (männliche Fischer 344-Ratten) diese Bewertung, auch wenn sie von grenzwertiger statistischer Signifikanz sind. Eine mäßige Sicherheit für eine erhöhte Inzidenz von neoplastischen Tumoren wurde auch für die Nebenniere gefunden, nämlich Phäochromozytome bei einem durchschnittlichen Ganzkörper-SAR-Wert von 1,5 W/kg.“ (S.38)

„Das Team kam zu dem Schluss, dass es einen hohen CoE-Wert für eine erhöhte Inzidenz bösartiger Schwannome des Herzens gibt, der sich hauptsächlich auf die Ergebnisse von zwei chronischen Bioassays an männlichen Ratten stützt. Was das Ausmaß der Wirkung betrifft, so wurde in einer Studie ein signifikanter Trend für eine Zunahme der malignen Schwannome des Endokards bei männlichen Sprague-Dawley-Ratten beobachtet, wobei ein statistisch signifikanter Trend bei malignen Schwannomen über den gesamten Dosisbereich von Körperdurchschnitts-SAR von 1,5 W/kg auf 6 W/kg über 106 Wochen verabreicht, wobei der Anstieg bei 6 W/kg ebenfalls statistisch signifikant war (National Toxicology Program 2018b). In einer zweiten Studie wurde bei männlichen Sprague-Dawley-Ratten bei einer Verabreichung von 0,1 W/kg (durchschnittliche Ganzkörper-SAR) über die Lebensspanne eine erhöhte Inzidenz von Gesamtschwannomen des Herzens beobachtet (Falcioni et al. 2018). Geschlechtsunterschiede bei diesen seltenen Tumoren, nämlich Schwannome bei Sprague-Dawley-Ratten, wurden in historischen Kontrollen mit einer Inzidenz von 0,7 bei männlichen Ratten und 0,1 bei weiblichen Ratten berichtet (Kumar A. 2024).“ (S. 37/38)

„2.2. Implikationen der Ergebnisse für Praxis, Politik und zukünftige Forschung Die Ergebnisse dieser systematischen Überprüfung liefern hohe oder moderate CoE für mehrere Krebsstellen, die für die Ermittlung von Krebsrisiken für den Menschen relevant sind. Im Gegensatz zu einigen Unsicherheiten bei der Übertragung von SAR/Dosen und Krebseffekten auf die Risikobewertung beim Menschen liegen einige der SAR-Werte, bei denen Wirkungen beobachtet wurden, in der Größenordnung der durchschnittlichen Ganzkörper-SAR, die beim Menschen auftreten könnte.

Allerdings müssen auch die Art der Exposition (Ganzkörper- oder lokale Exposition), die Intensität der Exposition und die Dauer der Exposition berücksichtigt werden, wenn die Effektgrößen auf das Krebsrisiko beim Menschen übertragen werden. Stichhaltige Beweise für Krebs bei Versuchstieren sind für die Identifizierung einer karzinogenen Gefahr für den Menschen relevant (Baan et al. 2019). Was die PECOS für die Relevanz beim Menschen betrifft, so gibt es a priori keine zwingenden mechanistischen oder anderen biologischen Beweise, die nahelegen, dass Tiermodelle für die Vorhersage potenzieller Auswirkungen beim Menschen nicht geeignet sind. Darüber hinaus verglichen Krewski et al. in zusätzlichen Analysen der Konkordanz von Tumorstellen zwischen Versuchstieren und Menschen die wirkstoffspezifische Konkordanz zwischen (Gruppen von) Krebsstellen mit ausreichender Evidenz beim Menschen und bei Tieren (letztere erforderten die Replikation positiver Ergebnisse an derselben spezifischen Stelle in mindestens zwei Tierversuchen). Es ist zu beachten, dass diese Schätzungen die Konkordanz voraussichtlich unterschätzen (Krewski et al. 2019). Wenn vorhanden, kann die Übereinstimmung der Tumororte das Vertrauen in die Ergebnisse erhöhen, insbesondere für die Risikobewertung beim Menschen. Wir stellen fest, dass die beiden Tumorarten mit hohem CoE bei Tieren in dieser systematischen Überprüfung dieselben sind, die von der IARC-Arbeitsgruppe mit begrenzter Evidenz beim Menschen identifiziert wurden. Bemerkenswert ist, dass “begrenzte Beweise für Karzinogenität bei Menschen” wird in der Präambel der IARC-Monographien wie folgt definiert: “Eine kausale Interpretation des positiven Zusammenhangs, der in der Gesamtheit der Belege für die Exposition gegenüber dem Wirkstoff und Krebs beobachtet wurde, ist glaubwürdig, aber Zufall, Verzerrungen oder Verwechslungen können nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.““ ( S. 40)

Publikation zum Thema

Die Auseinandersetzung um die Deutungshoheit zu Risiken der Mobilfunkstrahlung

Über Kampagnen eines Kartells von Industrie, Bundesamt für Strahlenschutz und ICNIRP

Autor: diagnose:funk – Download PDF

Inhalt: Ob Mobilfunkstrahlung gesundheitsschädlich ist oder nicht, darüber wird nicht nur eine Wissenschaftsdebatte über Ergebnisse der Forschung geführt. Bei dieser Debatte geht es auch und vor allem um Produktvermarktung, in diesem Fall um das Milliardengeschäft einer Schlüsselindustrie. Dieser brennpunkt dokumentiert die Auseinandersetzung. Im Jahr 2022 gab es vier Entwarnungskampagnen, basierend auf vier Studien mit der Botschaft: Mobilfunkstrahlung ist unbedenklich für die Gesundheit, ein Krebsrisiko besteht nicht. Das beweise die MOBI-Kids-Studie, die bisher weltweit größte Studie zu Hirntumoren und Kinder. Mit der UK-Million Women Studie liege auch der Beweis für Erwachsene vor. In einem von ICNIRP-Mitglied Prof. M. Röösli verfassten Artikel zu 5G in der Zeitschrift Aktuelle Kardiologie bekamen gezielt Mediziner diese Botschaft übermittelt. Abgeordneten des deutschen Bundestages wird vom deutschen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und dem Umweltministerium mitgeteilt, die STOA-Studie, die Schädigungen zu Krebs und Fertilität auswertet, sei unwissenschaftlich. Diagnose:funk nahm zu allen diesen Meldungen Stellung.

Querverweise: Brennpunkt: Die Auseinandersetzung um die Deutungshoheit zu Risiken der Mobilfunkstrahlung

Überblick Nr. 2: Ist Mobilfunk krebserregend?

Autor: diagnose:funk – Download PDF

Inhalt: In Überblick Nr. 2 dokumentiert diagnose:funk die Studienlage zum Risiko einer Krebser-krankung durch Mobilfunkstrahlung. Dazu gibt es seit ca. 25 Jahren eine heftige Debatte zwischen Wissenschaft, Behörden, Mobilfunkbetreibern und Bürgerinitiativen. In den Jahren 2016 bis 2020 wurden groß angelegte, qualitativ hochwertige Studien durchgeführt, die bestätigen, dass die 2011 von der WHO beschlossene Eingruppierung der nicht-ionisierenden Strahlung in ‚möglicherweise krebserregend (2B)‘ nicht nur gerechtfertigt war, sondern diese neuen Erkenntnisse eine Eingruppierung in ‚wahrscheinlich krebserregend (2A)‘ oder gar ‚krebserregend (1)‘ erfordern. Auch die Debatte um die Krebsstatistik wird analysiert.

Querverweise: ÜBERBLICK für den Durchblick

Source – diagnose:funk – WHO-Studie findet Krebsrisiko bei Tieren, die Mobilfunk-Strahlung ausgesetzt sind