5G-Mobilfunkanlagen gestoppt: Erfolgreicher rechtlicher Widerstand in Kreuzlingen und Triboltingen

Strahlungsfrei.ch – 30aug2024.

Der Bau von geplanten Mobilfunkanlagen in Kreuzlingen und Triboltingen wurde vom Bundesgericht und Bundesbehörden gestoppt. Der langjährige rechtliche Widerstand der betroffenen Bevölkerung hat Früchte getragen.

Kreuzligen, beim Eisenbahnviadukt «Alp/Tobel»

Abbruch des Bauvisiers für die Mobilfinkanlage
Abbruch des Bauvisiers für die Mobilfinkanlage (Foto: Heike Manz-Salzmann)

Gross war die Überraschung der 22 betroffenen Bewohner des Wohnquartiers «Alp» in Kreuzlingen, als in den Sommerferien das Urteil des Bundesgerichts eintraf. Es hatte nämlich entschieden, dass die von Salt geplante Mobilfunkanlage mit 30m hohem Antennenmast auf der Viehweide beim Eisenbahntrassee nicht zonenkonform ist und somit nicht an diesem Ort gebaut werden darf. Der rechtliche Kampf der ursprünglich 855 Einsprecher dauerte über fünf Jahre und wurde von Gemeinderat Alexander Salzmann und seiner Frau Heike koordiniert. Besonders gross war die Freude, als letzte Woche zu beobachten war, wie das Bauvisier des geplanten Antennenmasts abgebrochen wurde. Das war eine symbolträchtige Aktion, denn die Firma Salt musste ihr Baugesuch damals im Frühling 2019 mehrmals neu ausschreiben, weil sie nicht in der Lage war, auf Anhieb ein gesetzeskonformes Bauvisier aufzustellen. (BGE 1C_22/2023 vom 9. Juli 2024)

Die Vorinstanz und kantonale Ämter wurden vom Bundesgericht angewiesen die Sachlage unter Berücksichtigung der dargelegten Mängel nochmals zu prüfen. Deshalb hat es sich für das Bundesgericht erübrigt, auf die weiteren Kritikpunkte der Beschwerdeführenden einzugehen. Die Anlage ist nämlich an der Landschaftsschutzzone des beliebten Panoramawegs «Alp» und unmittelbar an das besonders hangrutschgefährdete «Tobel» geplant. Ein Abrutschen des Tonnen schweren Antennenfundaments und in der Folge ein Kippen des 30m hohen Antennenmasts hätte fatale Folgen für den Bahnbetrieb, Wohnhäuser, Fahrzeuge und Fussgänger. Im Sinn der bundesrechtlichen Vorsorgepflicht ist dieses Risiko zu vermeiden.

Triboltingen, beim Bahnhof

Seit September 2021 wehrten sich die Bewohner von Triboltingen mit einer von Katharina Curtius und Nicole Felber koordinierten Sammeleinsprache gegen die beim Bahnhof geplante Mobilfunkanlage von Sunrise. Wie in Kreuzlingen, war auch hier ein 25m hoher Antennenmast am Bahntrassee geplant. Das betreffende Gebiet befindet sich in einer besonders empfindlichen Zone für Landschafts- und Naturschutz sowie Denkmal- und Ortsbildschutz. In rechtlicher Hinsicht sind solche Schutzgebiete in verschiedenen nationalen und kantonalen Registern (BLN, ISOS etc.) verzeichnet und geniessen deshalb besonderen Schutz.

Die Einsprecher hatten deshalb die Einholung eines Gutachtens der dafür zuständigen Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) beim Gemeinderat beantragt, der dem Antrag folgte. Auf den Punkt gebracht, ist die oberste Natur- und Heimatschutzbehörde zur Überzeugung gelangt, dass die geplante Mobilfunkanlage nicht ausgerechnet bei diesem besonders wertvollen Schutzgebiet gebaut werden soll. Die aktuelle wissenschaftliche Studienlage belegt nämlich, dass von Funkstrahlung ein Risiko für Schäden bei Tieren und Pflanzen nachgewiesen ist. Diese Empfehlung ist bindend für den Gemeinderat aber auch für den Kanton und eine Ablehnung des Baugesuchs hätte zwangsläufig erfolgen müssen. Dem ist die Mobilfunkbetreiberin Sunrise zuvorgekommen und hat das Baugesuch für ihre geplante Mobilfunkanlage diesen Frühling zurückgezogen, um die drohende Ablehnung und damit ein Präjudiz zu vermeiden.

Anmerkungen

Ergänzend ist anzumerken, dass es allen unterlegenen Bauherrschaften frei steht, jederzeit nachgebesserte Baugesuche einzureichen. Deshalb sind Anwohner gut beraten, stets auf Ausschreibungen im Amtsblatt und auffällige Bauvisiere zu achten.

Der gemeinnützige Verein strahlungsfreies Kreuzlingen hat die Einsprechergruppen in beiden Rechtsmittelverfahren fachtechnisch beraten. Die Ergebnisse belegen, dass Mobilfunkbetreiber landesweit Baugesuche einreichen, die nicht allen rechtlichen Erfordernissen genügen und deshalb nicht sofort realisierbar sind. Innert kürzester Zeit wurden mehrere Tausend Baugesuche für neue 5G-Mobilfunkanlagen landesweit eingereicht, ohne über ausreichend qualifizierte personelle Kapazitäten zu verfügen. Fehlplanung oder Kalkül? Eher das Zweite, denn die Bearbeitung derart vieler Baugesuche in so kurzer Zeit bringen auch Gemeinden und Kantone ans Limit. Die Führung von Rechtsmittelverfahren gegen schludrig abgefasste Baugesuche führt nämlich zu viel Bearbeitungsaufwand.

Die Mobilfunklobby versucht diese Situation gegenwärtig auszunützen, um im Hintergrund das von der Verfassung geschützte Recht auf Einsprache gegen Mobilfunkanlagen zu schwächen und am liebsten ganz abzuschaffen. Mit allzu mobilfunkfreundlichen beziehungsweise bürgerfeindlichen Verordnungen und Vollzugsempfehlungen soll es nun gerichtet werden. Erfreulicherweise hat das Bundesgericht diesen aus rechtsstaatlicher Sicht fragwürdigen Bestrebungen mit dem aktuellen Urteil für geplante 5G-Mobilfunkanlagen in Wil einen ersten Riegel geschoben (BGE 1C_411/2022, BGE 1C_413/2022 vom 5. Juli 2024).

Source – strahlungsfrei.ch – Zwei 5G-Mobilfunkmasten gestoppt


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