Dient der Bericht der Arbeitsgruppe des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) einzig der Legitimation höherer Grenzwerte? Die AefU lehnen jegliche Lockerung des Schutzniveaus ab und zeigen eine Alternative auf.
Medienmitteilung der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz vom 28.12.2019 – als PDF

Schon zwei Mal hat der Ständerat Grenzwerterhöhungen für Mobilfunkanlagen abgelehnt. Für den neuen Mobilfunkstandard 5G sollen nun aber die Grenzwerte für Mobilfunkstrahlung durch die Hintertüre trotzdem indirekt erhöht werden. Dies belegt der heute erschienene Bericht ‹Mobilfunk und Strahlung›. Verfasst hat ihn eine ad hoc Stakeholdergruppe des UVEK, der auch die AefU angehörten. Die maximale Leistung der Sendeanlage1 soll nicht mehr als Massstab für die Belastung der AnwohnerInnen gelten. Neuer Massstab für sogenannte adaptive Antennen ist ein gemittelter Wert.
Das heisst, die Strahlung dürfte den Anlagegrenzwert temporär um einen Korrekturfaktor überschreiten. Diese neue Auslegung entspricht einer indirekten Grenzwerterhöhung.
Höhere Belastung für AnwohnerInnen
AnwohnerInnen von 5G-‐Sendern würden damit zeitweise stärker belastet, als es die heute geltende Definition des Anlagegrenzwertes zulässt. Zudem sind sie neu u.a. einer im Mobilfunk noch nie dagewesenen Dynamik der Strahlung ausgesetzt. Denn bei den Funkmasten mit 5G verändert sich die Sendeintensität sehr schnell und sehr stark. Welchen Einfluss dies auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der AnwohnerInnen hat, wurde bisher viel zu wenig untersucht.
Dies bestätigte kürzlich auch ein Bericht im Auftrag des Europäischen Parlaments: Die sogenannten adaptiven Antennen für 5G würden die Bevölkerung mehr und anders belasten. Messungen unter realistischen Bedingungen würden jedoch weitgehend fehlen.2
Keine Aufweichung der Grenzwerte – weder direkt noch indirekt
Die AefU lehnen jede Erhöhung der Grenzwerte kategorisch ab und fordern ein Festhalten am Vorsorgeprinzip.
Denn immer mehr Studien legen nahe, dass Mobilfunkstrahlung gesundheitsschädlich ist. Schon 2011 stufte die internationale Krebsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Funkstrahlung als möglicherweise krebserregend ein. Das Beratungsgremium der IARC hat sich im April 2019 aufgrund neuer, besorgniserregender Studien dafür ausgesprochen, dass diese das Krebsrisiko von Funkstrahlung mit hoher Priorität neu beurteilen soll.
Glasfasernetz ausbauen
Die Anwohnerinnen von Mobilfunkanlagen dürfen keinen stärkeren Strahlenspitzen ausgesetzt werden. Diese zielen einzig darauf, Endgeräte bis tief in die Gebäude hinein mit dem Internet zu verbinden. Wir schlagen eine Trennung der Innen-‐und Aussenraumversorgung vor. Dies in Kombination mit einem flächendeckenden kabelgebundenen Glasfasernetz bis in die Wohnungen und an die Arbeitsplätze, möglichst nahe zu den NutzerInnen. Höchstens die letzte Strecke soll über Funk erfolgen: strahlenminimiert, selbstbestimmt und ohne die Nachbarn zusätzlich zu belasten.
Dieses Rezept würde gar tiefere Grenzwerte erlauben. Damit würden im Gebäude auch die NutzerInnen von Smartphones & Co sowie ihr Umfeld weniger mit Strahlen belastet, weil ihr Gerät nicht durch Mauern und über lange Strecken funken muss.
1 Es handelt sich um sogenannte adaptive Antennen. Sie richten gebündelte und dynamische Sendekegel auf die jeweiligen NutzerInnen (Beamforming).
2 European Parliament, Policy Department for Economic, Scientific and Quality of Life Policies: 5G Deployment, State of Play in Europe, USA and Asia, 4.2019, S. 11.
Hintergrundinformationen:
Vorsorgen ist besser als heilen, in: OEKOSKOP 2/19
Rezept für einen Strahlungsarmen Mobilfunk, in: OEKOSKOP 2/19
Kontakt:- Dr. Martin Forter, Geschäftsleiter AefU
Tel: 061 691 55 83
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